Peter Dyckhoff Masslose Hoffnung
Worte, die aufrichten
Schwere Stunden lassen auch den Christen zweifeln, lassen
eine Sehnsucht nach Wärme und Trost entstehen. Woher
soll der Mensch Hoffnung schöpfen, wenn alles ausweglos
erscheint? Der Theologe und Buchautor Peter Dyckhoff nähert
sich auf sehr persönliche Weise der Thematik, spricht
von der Kraft des Gebetes und des christlichen Glaubens.
Er findet Worte, die aufrichten und Trost spenden, auch
und gerade in schweren Zeiten. Das Vorwort zu diesem Buch
schrieb Bischof Dr. Josef Homeyer.
Leseprobe Ich muß noch sehr jung gewesen sein,
als ich ein „Wunder“
bewußt erlebte, denn ich kann mich heute noch genau
an die
Einzelheiten erinnern. Niemand hat je mit mir darüber
gesprochen.
Wenn Mutter an der Nähmaschine arbeitete, setzte
sie mich in gehörigem Abstand mit irgendeinem Spielzeug
zu
ihren Füßen auf den Teppich. Es war ein grobgeflochtener
Kokosteppich, der sein Flechtmuster auf den nackten Knien
hinterließ. Ich mußte immer unendlich lange
warten, bis sich das
Wunderbare ereignete. Wenn Mutters Füße sich
nicht mehr
auf der Tretschaukel der Nähmaschine bewegten, wußte
ich,
daß sie bald ihre Näharbeiten beenden würde.
Und dann geschah es: Mutter nahm ein gebogenes Eisen, zur
Hälfte war
es feuerrot angestrichen, und fuhr damit über den Boden
–
ohne ihn zu berühren. Alle heruntergefallenen Stecknadeln
richteten sich, wie von unsichtbarer Hand geführt,
plötzlich
auf und sprangen an das Magneteisen. Das war der schönste
und erhabenste Augenblick für mich, als alle Nadeln
lebendig
wurden. Ich staunte …
Können nicht sowohl die magnetische Kraft als auch
die
Erdanziehung Symbole sein für die über allem stehende
göttliche
Kraft der Gnade? Sie möchte die gesamte Schöpfung
und damit alle Menschen erreichen und das Schwere und Belastende
leicht machen. Im Johannesevangelium spricht Jesus von dieser
alles umfassenden Gnadenkraft, die heilen, erlösen
und zum Vater führen möchte. „Und ich, wenn
ich über die
Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen“ (Johannes
12,32).
Christus möchte in universaler Breite alle Menschen
an sich
ziehen, die sich ihm öffnen und sich von ihm bewegen
und
führen lassen möchten.